Beim Wereldkerstcircus
2023/24 nun erleben wir die Flying Caballero. Und die haben sage
und schreibe gleich drei Flieger, die den vierfachen Salto
beherrschen. In einer der besuchten Vorstellungen versuchen sie
ihn alle nacheinander. Gleich die ersten beiden Sprünge sind im
ersten Anlauf erfolgreich. Nur der dritte Artist ladet zweimal
im Netz. Damit ist die siebenköpfige Flugtrapez-Formation aus
Mexiko die große Sensation des Programms.
Bello Nock und Yann Rossi
Aber auch sonst gibt es natürlich
wieder etliche hochkarätige Darbietungen, die Stardust Circus
International für einige Woche in den prächtigen Theaterbau an
der Amstel geholt hat. Ebenfalls reichlich Platz bekommen die
witzigen, poetischen oder einfach schön anzusehenden Szenen.
Dafür gibt es das sechsköpfige Ballett, für dessen Choreografien
der Cirque d'Hiver-erfahrene Alec Mann verantwortlich ist sowie
die „Coverboys“ Bello Nock und Yann Rossi. Die Konterfeis der
beiden Clowns zieren die Plakate sowie das Programmheft. Genauso
sind sie zusammen mit Fred Butter die prägenden Gesichter der
Show. Der Ringmaster führt wieder formvollendet durch die
Vorstellungen. Das wunderbare Lichtdesign hat Wim Dresens
kreiert und Andrii Kakapych dirigiert das großartige Orchester.
Die Regie hat in diesem Winter Viktor Kee übernommen.
Szene aus dem Opening
Von ihm stammen insbesondere die
wunderschönen Szenen zum Opening und zwischen einzelnen Nummern.
Wenn die Besucher in den imposanten Innenraum des Theaters
kommen, sehen sie in der Manege ein großes goldenes Geschenk und
Luftballons, die mittels Bändern an einem Tuch befestigt sind.
Das Ballett tanzt in aus dem Cirque d'Hiver bekannten Kostümen
seine erste Choreographie. Yann Rossi im prächtigen Gewand kommt
hinzu und spielt auf dem Saxofon. Das jüngste Mitglied der
Flying Caballero erscheint mit weiteren Ballons in der Hand.
Dank diesen und einer leuchtenden Kugel kann sich der Junge den
Traum vom Fliegen erfüllen. Er schwebt in der Luft. Die weiteren
Artisten strömen herein und wir erleben ein wirklich buntes,
ausgelassenes Opening mit allen Mitwirkenden.
Fred Butter, Olga Boyko,
Duo Solys
Die Begrüßungsworte gehören Fred
Butter, die Eröffnungsdarbietung Olga Boyko. Am Luftring lenkt
sie die Blicke der Zuschauer in den unteren Reihen Richtung
Kuppel, wer ganz oben sitzt, kann sogar diese Luftnummer aus der
Vogelperspektive beobachten. Alle Besucher erleben gleichermaßen
eine wunderbare Kür mit hohem artistischen Können und einem
guten Schuss Wagemut. Olga Boyko beweist dabei auch die
beeindruckende Biegsamkeit ihres Körpers. Dann purzelt ein
offensichtlich verspätetes Geschenk in die Manege. Heraus kommt
Bello Nock, der in einem aufgeblasenen Anzug durch die Manege
turnt und so ein erstes Mal seine Visitenkarte abgibt. Bei der
Equilibristik des Duo Solys übernimmt die Frau den tragenden
Part. Sprich, Tatiana balanciert ihren Partner Hector auf
verschiedenen Körperteilen. Dabei machen beide eine blendende
Figur. Der effektvoller Schlusstrick beinhaltet eine kleine
Ausgabe des Eiffelturms. Diesen trägt Tatiana mit Händen und
Oberschenkeln während ihr Körper in der Waagerechten ist – die
Füße auf dem Boden und der Nacken auf einer Stütze. Auf der
Spitze der Konstruktion hält sich Hector im Kopfstand im
Gleichgewicht.
Sergii Stipakov, Maria Sarach
Nach einem Trompetensolo von Yann
Rossi geht es schon wieder in die Luft. Allerdings nur für Naika
Aymon, die Frau im Trio The Crows. Ihre beiden Partner Johnny
Gasser und Yuri Kreer bleiben am Boden und sorgen mit dem auf
ihren Schultern liegenden Russischen Barren dafür, dass die
Dritte im Bunde virtuose Sprünge arbeiten und wieder sicher auf
dem Requisit landen kann. So ist aus der einst weißen - White Crow war der ursprüngliche Name des Trios mit Carole Demers als
Fliegerin - eine schwarze Krähe geworden, wie auch das Kostüm
von Naika Aymon unterstreicht. Traumhaft sicher führt sie die
anspruchsvollen Flugpassagen aus. Illusionen mit Spielkarten,
Tüchern und Tauben erwartet man eher in einem kleineren Rahmen.
Doch Sergii Stupakov schafft es spielend, mit Tricks mit diesen
und anderen Requisiten den großen Raum zu füllen. Seine
Fingerfertigkeit ist bewundernswert, zumal die Zuschauer ihn aus
nahezu jeder Richtung betrachten können. Doch niemand ahnt auch
nur im Entferntesten, wie die Illusionen funktionieren. Am Ende
zaubert Sergii Stipakov zwei Papageien hervor, die danach eine
Runde drehen dürfen. Die Damen des Balletts erhalten
„Verstärkung“ durch Bello Nock, der nach der gemeinsamen
Choreographie einen schwankenden Mast erklimmt. Die Hommage an
den niederländischen Maler Piet Mondriaan von Maria Sarach
kennen wir insbesondere dank ihrer beiden Tourneen mit Roncalli.
In ihre Handstandakrobatik auf einem Stuhl baut sie immer wieder
Comic-Sprechblasen ein, die sie mit den Händen hochhält. Etwa,
wenn sie einen Spagat auf den beiden Armlehnen macht oder den
Einarmer auf einer davon. So erleben wir nicht nur eine sehr
starke, sondern auch wunderbar inszenierte Darbietung.
Alex Giona, Flying
Caballero
Ein Kunstwerk ist ebenfalls die
Pferdedressur von Alex Giona. Ganz in weiß gekleidet, dirigiert
er fünf weiße und zwei schwarze Pferde. Es ist ein ungemein
inniges, vertrautes Miteinander von Mensch und Tier. Fast so,
als wäre ein wenig Magie im Spiel, wenn die Pferde steigen,
Schrittfolgen absolvieren, oder flott nebeneinander herlaufen,
während Alex Giona ohne Sattel auf dem mittleren Schimmel sitzt
und von dort die Gruppe lenkt. Als zusätzliche musikalische
Begleitung spielt dazu Svetlana Sazonenko auf dem Manegenkasten
stehend Violine. Bevor es in die Pause geht, erfreuen uns wieder
das Ballett und die beiden Clowns. Bello Nock hat noch ein paar
Geschenke gefunden, die ihm die Tänzerinnen gerne abnehmen. Yann
Rossi spielt Saxofon dazu. Zu Beginn des zweiten Teils ist das
im Theatersaal sehr groß wirkende Fangnetz für das Fliegende
Trapez aufgebaut. Der erste Sprung gehört dem Junior der Flying
Caballero im Kindesalter. Dann geht es mit der Fliegerin und
ihren vier Kollegen weiter. Unumstrittene Höhepunkte sind
natürlich die vierfachen Salti. Aber auch die weiteren
Sprungkombinationen sind äußerst sehenswert, so etwa die Passage
zum Finale. Ringmaster Fred Butter weist auf die gezeigten
Schwierigkeitsgrade hin und steigert so die Spannung. Erst das
Ballett als Weihnachtsfrauen, dann Yann Rossi auf dem Xylophon
verkürzen den Abbau des Netzes und leiten über zu Bogenschütze
Bello Nock. Den Bogen bildet ein langgezogener grüner
Luftballon, gezielt wird auf einen roten Ballon. Diesen darf
zunächst eine Dame aus dem Publikum über ihren Kopf halten. Als
die Ballons auf „wundersame Weise“ verschwinden, werden die
Rollen getauscht. Doch auch Bello hat seine liebe Mühe, die
Luftballons nicht vorzeitig zum Platzen zu bringen. Ein überaus
amüsantes Spiel mit Happy End.
Viktoriia Dziuba, Duo
Stauberti, Viktor Kee
Dann wird es ganz ruhig, alle
Augen konzentrieren sich auf eine Frau, die auf einem hohem
Podest mit einer Mischung aus Handstandakrobatik und Kontorsion
brilliert. Viktoriia Dziuba präsentiert ihre Equilbristik-Kür
sehr konzentriert, ja introvertiert und erzeugt damit eine
faszinierende Wirkung. Die Trickfolge ist auf höchstem Niveau
und einzigartig. Verständlich, dass sie dafür 2023 in Monte
Carlo einen Silbernen Clown gewann. Dimitri und seine Nichte
Nancy bilden das Duo Stauberti. Der Name steht nicht erst seit
diesen beiden Generationen für Percheakrobatik par excellence.
Zum Einsatz kommt hier die Stirnperche in verschiedenen
Ausführungen, Unter deren Einsatz balanciert Dimitri seine
Nichte auf dem Boden stehend, ein zweiteiliges Leitergestell
erklimmend und auf einem Einrad fahrend. Nancy zeigt in luftiger
Höhe Hand- und Kopfstände. Letztere kombiniert sie sogar mit
Antipodenspielen. Mit einem kleinen Lichtpunkt entzündet Bello
Nock aus der Ferne die leuchtende Kugel, mit der Viktor Kee seine
Jonglagen beginnt. Den Hauptteil seiner einzigartigen
Performance bestreitet er mit weißen Bällen. Wie viele es
insgesamt sind, ist schwer herauszubekommen. Er schmeißt welche
von sich, dafür kommen neue von oben hinzu. Seine Technik ist
einzigartig, immer wieder wirft und fängt er seine Requisiten
auf neue Weise oder lässt sie über den Boden rollen. Oder reiht
sie hintereinander auf seinem Rücken auf. Oder jongliert die
Bälle auf dem Rücken liegend. Dazu kommen eine einzigartige
Kostümierung und Schminke sowie eine faszinierende Mimik.
Annaliese und Bello Nock
Auf einer Concertina spielend
kommt Yann Rossi herein. Mit einer zweiten will ihm Bello Nock
eine aus seiner Sicht unlösbare Aufgabe stellen. Doch der
Weißclown schafft es problemlos, auf beiden Instrumenten
gleichzeitig zu musizieren. Auf Bello Nock warten sodann ganz
andere Herausforderungen. Denn in der Zwischenzeit wurde ein
Todesrad aufgebaut. Die zugehörige Artistin heißt Annaliese mit
Vor- und Nock mit Nachnamen. Das ist natürlich kein Zufall, denn
sie ist die Tochter von Bello. Wer leider nicht auftaucht, ist
ihr Artistenpartner. Und so springt kurzerhand Bello ein. Es
folgen rasante Touren auf dem Rad, die sowohl aufregend als auch
irre komisch sind. Natürlich sind beide Akteure hervorragende
Artisten. Die gespielte Aufregung von Bello sorgt bei manchen
Zuschauer möglicherweise zu Beginn für etwas Besorgnis, dann
aber schnell für befreiendes Lachen. Tricks, wie das
Seilspringen von Annaliese, gibt es natürlich auch. Zurück in
der Manege, geht es gleich mit dem Finale weiter. Die beiden
Clowns und der Junge von den Flying Caballeros beschwören noch
einmal die leuchtende Kugel. Das Ballett ist ebenfalls dabei.
Alle Mitwirkenden kommen hinzu und werden ausgiebig vom Publikum
mit Standing Ovations gefeiert. |