Und das feiert die
Akteure mit frenetischem Applaus. Das Chapiteau ist an diesem
Nachmittag bis auf den letzten Platz gefüllt, alle Besucher
bleiben bis zum wirklich letzten Vorhang an ihren Sitzen. Früher
geht hier niemand, jeder will die Show bis zur letzten Sekunde
genießen.
Zeltanlagen
des Aachener Weihnachtscircus
Die Regie liegt in
den bewährten Händen von Thomas Bruchhäuser und Sandor Donnert.
Für den reibungslosen Ablauf sorgt insbesondere Ingo Stiebner.
Bei den Artisten gibt es einen schönen Mix aus Bekanntem und
Neuem. Den Rahmen bilden wie immer Tänzerinnen und eine
Sängerin. Das Ballett besteht aus vier Mitgliedern der Donnert
Dancers, die in edlen Kostümen schöne Choreographien zeigen. Für
die gesangliche Begleitung ist in diesem Jahr erstmalig Floor
Bosman verpflichtet worden. Die Niederländerin interpretiert mit
wunderbarer Stimme verschiedene Songs und bildet so zumeist
Übergänge zwischen den Darbietungen. Das Licht wurde aufwendig
inszeniert und trägt enorm zum Gesamteindruck bei. Die Musik
kommt präzise eingespielt aus der Konserve, ein Schlagzeuger auf
dem Orchesterpodium setzt die passenden Akzente. Vor- sowie
Spielzelt sind aufwendig dekoriert und passen perfekt zur Show.
Die Restauration erfüllt vielerlei kulinarische Wünsche.
Floor
Bosman, African Dream, Maxim Voronin
Die Begrüßung
übernimmt Carsten Franke, bevor Floor Bosman, die Donnert
Dancers und Les Mangeurs de Lapin für das stimmungsvolle
Eröffnungsbild sorgen. Nach dem eher besinnlichen Auftakt wird
es rasant. Voller Lebensfreude präsentieren die sechs Herren von
African Dream ihre Akrobatik an zwei Masten. Das Sextett scheint
nur eine Laune zu kenne, und zwar extrem gute. Zudem sind sie
akrobatisch auf hohem Niveau unterwegs. Ganz egal, ob gerade
zwei von ihnen an den Stangen arbeiten oder gleich alle
zusammen, ihre Tricks sind wirklich stark. Das Trio Les Mangeurs
de Lapin konnten wir im vergangenen Winter im Pariser Cirque
d'Hiver erleben. Nun ist das Trio in Aachen und erfreut gleich
am Anfang mit einer Premiere, quasi außer der Reihe. Denn an
diesem Nachmittag wird eine neue Nummer erstmalig öffentlich
gespielt. Darin produzieren sich die drei skurrilen Herren als
Turnerinnen im Sportdress, wie wir es von der Rhythmischen
Sportgymnastik kennen. Mit großen goldenen Umhängen geht es los,
es folgen Übungen mit Bändern und Reifen. Natürlich geht das ein
oder andere schief und die Akteure bekommen sich in die Haare.
Daneben gibt es die ein oder andere artistisch durchaus
bemerkenswerte Leistung. Geheimnisvoll wird es dank Maxim
Voronin. Seine (Karten-)Zaubereien vollführt er im mystischen
Licht. Überraschenderweise integriert er in seine Illusionen
Handstandakrobatik auf einem Stuhl. Bei der Balance mit dem
Oberkörper auf der Rückenlehne fragt man sich dann in der Tat,
ob hier außergewöhnliche Körperbeherrschung oder doch ein Trick
im Spiel ist.
Duo Have a
Ball, Cedenos, Regina Larus
Sogleich finden
wir uns an der Bushaltestelle Bendplatz wieder. Die Donnert
Dancers empfangen uns dort in bunten Kostümen. Danach gehört die
zugehörige Bank dem Duo Have a Ball. Um sich das Warten auf die
nächste Abfahrt zu vertreiben, nutzen Clémentine und Mike
Leclair das Sitzmöbel für Jonglagen mit weißen Bällen. Mal
werfen sie sich die Bälle durch die Luft zu, mal gehen die
Touren über den Boden und dann eben wieder über die Sitzfläche
der Bank. Die variantenreichen Trickfolgen sind einzigartig,
sieht man doch Bouncing Jonglagen nicht alle Tage von einem Duo
dargeboten. Ein wirklich faszinierendes Spiel, zumal auch die
Interaktionen der beiden wunderbar gestaltet sind. Um eine
Person verkleinert, treten die Cedenos nun im Trio auf. Nach
einem Intermezzo von Floor Bosman und dem Ballett präsentieren
die Südamerikaner ihre Ikarischen Spiele. Der Sprung überkreuz
entfällt somit. Trotzdem bleibt natürlich ein breites
Repertoire, das die Cedenos mit viel Spaß servieren. Danach
richten sich alle Augen auf Regina Larus. Die junge Ungarin
nimmt uns mit auf eine Flugreise unter der Circuskuppel. An den
Strapaten zelebriert sie im wahrsten Sinne des Wortes starke
Figuren. Neben einer beneidenswerten Körperbeherrschung beweist
sie auch eine gute Prise Risikobereitschaft. Überzeugend erfüllt
sie die Erwartungen an eine Pausennummer, deren Platz sie
einnimmt. Doch bevor es für die Zuschauer in die Restauration
geht, üben sich die Mangeurs de Lapin in Bolaspielen. Natürlich
kommt es auch hier zur maximalen Eskalation. Massenweise fliegen
kleine weiße Stoffbälle Richtung Publikum.
Les
Mangeurs de Lapin, Game of Passion, Duo Laos
Teil zwei eröffnen
die Donnert Dancers mit einer rockigen Einlage, bevor Les
Mangeurs de Lapin ihre herrliche Elefantendressur spielen. Die
beiden berittenen – und recht plüschigen - Dickhäuter
balancieren unter Anleitung ihres Dompteurs sogar auf der Rola
Rola. Die Harmonie endet schnell, dann spritzt Wasser und die
beiden Tiere bekriegen sich mit ihren Rüsseln. Nicht eben der
feinste Humor, aber perfekt gespielt und zum Brüllen komisch.
Die drei Clowns beherrschen ihr Handwerk genial. Ursprünglich
vom Sport kommen zwei Damen und drei Herren aus Kuba sowie
Frankreich. Zaida Liazeed hat mit dem Quintett eine Darbietung
erarbeitet, die die turnerischen Fähigkeiten bestens
Circus-tauglich umsetzt. Am Quadratreck erleben wir eine
Liebesgeschichte unter dem Titel Game of Passion. Die Herren
kämpfen um die Gunst der Damen. Dabei geht es für alle Akteure
an die Reckstangen, wo sie kraftvolle Umschwünge und gewagte
Flüge zeigen. Zwei Zuschauer dürfen aus nächster Nähe zusehen,
wie sich Maxim Voronin aus Handschellen befreit. Doch die beiden
bleiben genauso ratlos wie der Rest des Publikums. „Einen
Machtkampf auf der Suche nach Frieden“ symbolisiert die
Darbietung des Duo Laos. So jedenfalls formuliert es die
Homepage des Aachener Weihnachtscircus. Pablo im schwarzen
Outfit und Mercedes im kurzen roten Kleid liefern sich eine
ungemein intensive Auseinandersetzung. Die beiden spielen diese
hinreißend. Genauso faszinierend ist die Hand-auf-Hand-Akrobatik,
die den Kern ihres Auftritts bildet. Dabei setzt das Duo nicht
nur auf die Standards des Genres, sondern ergänzt diese um
innovative Tricks. Als Begleitung gibt es den wunderbaren Gesang
von Floor Bosman.
Ezra
Veldman, Heejin Diamond, Dominic Baird-Smith (Les Mangeurs de
Lapin)
Das Tempo noch
einmal ganz nach oben schraubt Ezra Veldman. Der 23-jährige
Niederländer schickt seine Diabolos auf abgefahrene Touren durch
die Luft. Schon eines davon lässt er unglaublich geschickt auf
der Schnur zwischen zwei Handstäben tanzen. Am Ende jongliert
der Autodidakt vier Diabolos gleichzeitig. Das alles wird mit
jetzt schon viel Personality präsentiert. Noch einmal gehört die
Bühne Maxim Voronin. Nun schwebt er über waberndem Nebel. Wie er
das macht, bleibt sein Geheimnis. Heejin Diamond setzt ihren
Künstlernamen auch gegenständlich um. Denn das Requisit für ihre
Handstandakrobatik ist einem Diamanten nachempfunden. Darauf
arbeitet sie ästhetische Kunststücke auf einer sowie auf zwei
Händen. Dabei beweist die gebürtige Mongolin die Biegsamkeit
ihres Körpers. Das immer mit einem gewinnenden Lächeln. Den
Bogenschuss mit den Füßen absolviert sie sogar im Einarmer.
Inzwischen lebt Heejin Diamond in Paris und ist mit einem der
Mangeurs de Lapin verheiratet. Bei deren letztem Auftritt steht
Dominic Baird-Smith im Mittelpunkt. Denn dieser ist nicht nur
ein begnadeter Spaßmacher, sondern ebenfalls ein grandioser
Jongleur mit Tennisschlägern. Im Schottenrock beweist er dieses
außergewöhnliche Talent. Selbstverständlich „unterstützen“ ihn
seine Kollegen dabei. Das Trio ist skurril, liebenswürdig, vor
allen Dingen aber innovativ. Schon alleine deswegen freuen wir
uns auf ein Wiedersehen, wo immer das sein wird. Mit
afrikanischem Temperament geht es Richtung Finale. Die Artisten
von African Dream erleben wir jetzt als versierte
Reifenspringer. Ihre Körper fliegen durch verschieden große
Reifen, die in unterschiedlichen Konstellationen angeordnet
sind. Die anspruchsvollen Tricks sehen so leicht aus, wohl auch,
weil sie mit einer Menge positiver Energie ausgeführt werden.
Das Ende der Show wird groß gefeiert, mit dem gesamten Ensemble,
vielen Zugaben und eben den beiden Engeln. |