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Nachdem 2012 („Welcome to
Las Vegas“) und 2016 („Celebrating the King“) der Stuttgarter Ray Martin
den Elvis gab, haben die Varieté-Macher rund um Geschäftsführer Timo
Steinhauer und Regisseur Ralph Sun nun für die Show "Legendary: Elvis" einen neuen Interpreten gefunden:
den 49-jährigen Nils Strassburg. Er lebt ebenfalls im Großraum Stuttgart
und wird nach der Varieté-Spielzeit wieder mit seiner Produktion „The
Musical Story of Elvis“ und zehnköpfiger Band auf Tournee gehen. Bei
einem Wettbewerb von Time Warner wurde er als bester Elvis-Interpret
Deutschlands ausgezeichnet.
  
Ruben Dietze, Nils
Strassburg, Oleksii Filippov
und Sofia Mezentseva
In der ersten Szene
zeichnet der Friedrichsbau genau nach, wie eine Elvis-Show ab 1971
begann: mit der sinfonischen Einleitung zu Richard Strauss‘ „Also sprach
Zarathustra“, die mit ihren triumphal anschwellenden Trompeten und
donnernden Pauken das klangliche Sinnbild für Größe und Erhabenheit
schlechthin ist. Und dann tritt der „King“ auf die Bühne, im weißen,
paillettengeschmückten Ganzkörperanzug und mit dem überaus rasanten „See
See Rider“, hier interpretiert von Nils Strassburg. Stimme und Habitus,
Haartolle, Kostümierung und Hüftschwung – der Stuttgarter reicht
tatsächlich sehr nahe an das Original heran. Statt von einer Live-Band
kommt die Begleitmusik im Friedrichsbau vom Band, doch vier Tänzerinnen
der „Vegas Showgirls“ in weißen Kostümen mit Federboas und passendem
Kopfschmuck verleihen den notwendigen Glanz. Zu diesem trägt auch das
edle Bühnenbild mit angedeuteten weißen Türen bei. Nach zwei weiteren
Elvis-Songs auf der Bühne tritt erstmals sein verstorbener
Zwillingsbruder Jesse ins Licht. Verkörpert wird er von dem Stuttgarter
Schauspieler Ruben Dietze, in weißer Hose, weißem Tanktop und eben mit
Engelsflügeln. „Ich existiere nur in der Erinnerung“, sagt er. Seine
Mutter habe seinen Tod kaum verkraftet, sein Vater sei aufgrund der
prekären wirtschaftlichen Lage der Familie eigentlich erleichtert
gewesen, nur ein Kind ernähren zu müssen. Und Elvis selbst habe bis zu
seinem Tod versucht, ein Leben für beide zu leben. „Are you lonesome
tonight?“ ist der nächste Song, den Nils Strassburg nun singt, auf einem
weißen Bett liegend und ihn wie einen Kommentar zu den Erzählungen
seines Bruders wirken lassend. Als erste artistische Darbietung des
Abends präsentieren Oleksii Filippov und seine Frau Sofia Mezentseva
ihre Partnerakrobatik. Energiegeladener Tanz, Hebefiguren und ein
Wurftrick zum Abschluss sind Bestandteile des Repertoires des jungen
Paares.
 
Nils Strassburg und
Vegas Showgirls, Valerie Sealey
Jesse erzählt uns, wie
Elvis sich – einer Idee seines Managers folgend – öffentlichkeitswirksam
zum Militär einberufen ließ und als Soldat nach Deutschland ging.
Während der Zeit des Grundwehrdienstes starb die Mutter der
Presley-Brüder. Nun dürfen natürlich „Muss i denn zum Städtele hinaus“
und die amerikanische Variante „Wooden heart“ nicht fehlen. Auch
erfahren wir, wie Elvis dank seiner erotischen Ausstrahlung für eine
„Sexualisierung“ seines Heimatlandes verantwortlich gemacht wurde. In
Szene gesetzt wird dies mit einem sinnlichen Tanz von vier
„Gespielinnen“ in verschiedenfarbigen Nachtgewändern, die sich
gemeinsam mit dem „King“ auf dem großen Bett räkeln. Jesse berichtet
weiter, wie Elvis die erst 14-jährige Priscilla kennenlernte und später
heiratete. Frauen hätten dem Sänger Trost und Schutz gespendet, aber ihm
auch als Schmuckstücke gedient. Der Tod jeweils eines Elternteils und
der Wunsch nach einem gemeinsamen Kind habe ihn zunächst mit Priscilla
verbunden. Elvis sei im Laufe seines Lebens älter geworden, die ihn
umgebenden Frauen nicht. Zur Übersee-Episode passt auch die Jonglage von
Valerie Sealey, die ein Paddel kunstvoll wirft und fängt, auf ihren
Armen kreisen lässt oder antipodistisch mit dem Fuß bewegt. Eine große
Tanz- und Gesangsnummer mit Nils Strassburg im goldenen Sakko, dem „Jailhouse
Rock“, den Vegas Showgirls und den Artistinnen des Ensembles beschließt
den mit nicht ganz 45 Minuten recht kompakten ersten
Programmteil.
  
Oleksii Filippov,
Ruben Dietze, Valerie Sealey
Zu Beginn der zweiten
Hälfte ist der Chinesische Mast aufgebaut, an dem Oleksii Filippov in
einer recht kurzen Trickfolge sein Können demonstriert, von kraftvollen
Abstehern bis zum gewagten Hinunterrutschen in Kopfüber-Position. Vor
zwei Jahren war er als Teil der Truppe Bingo bzw. mit deren Formation
„Five Boys“ im Schweizer National-Circus Knie zu erleben. Jesse alias
Ruben Dietze – charmant, eloquent und gut aussehend – erzählt uns weiter
von Zwillingsbruder Elvis, der als „weißer Künstler mit schwarzem Sound“
die Musik für immer verändert habe. Und der mit ständigen
Live-Auftritten ein so hohes Pensum geleistet habe, dass er das
irgendwann nicht mehr ohne vermeintliche „Hilfsmittel“, ohne Drogen,
leisten konnte. Mit „In the Ghetto“ und „Hounddog“ werden weitere Songs
eingestreut. Das Ballett tanzt in Hotpants und Blusen. Auch 31
Musikfilme gehören zu Elvis Presley Lebenswerk, wie sein Zwillingsbruder
Popcorn essend zusammenfasst. Nachdem die Qualität der Streifen immer
weiter nachließ, wollte sich Elvis wieder auf die Musik konzentrieren.
„Edge of Reality“ ist hier das Musikstück dazu. Bei seinem Gesang wird
Nils Strassburg wiederum von den Vegas Showgirls begleitet, nunmehr in
Jumpsuits in unterschiedlichen Farben. Mit drei LED-Leuchtstäben
jongliert Valerie Sealey in ihrem zweiten Auftritt. Es wirkt durchaus
effektvoll, wie sie auf der abgedunkelten Bühne die Stäbe beispielsweise
über ihren Rücken gleiten lässt und wieder fängt.
 
Katharina Dröscher,
Nils Strassburg und Vegas Showgirls
Jesses Einlassungen zu
seinem Bruder werden zunehmend dramatischer. Elvis habe eine wundervolle
Seele und ein gutes Herz gehabt, aber oft auch nicht Nein sagen können.
Durch zunehmendem Druck und Depressionen geriet der Musiker in einen
Teufelskreis der Tabletten, von Muntermachern am Morgen bis
Schlafmitteln am Abend. Bei seinem letzten großen Auftritt – der
Fernsehaufzeichnung von „Unchained Melody“ im Juni 1977 – sei ihm klar
geworden, dass sein vom Leben gezeichneter Bruder und er bald wieder
vereint sein würden, erklärt Jesse. Den Drahtseilakt des Lebens
versinnbildlicht nun Katharina Dröscher. Auf dem Drahtseil beeindruckt
sie mit rasanten Läufen, Sprüngen und dem Spagat. Valerie Sealey
beweist, dass sie nicht nur LED-Stäbe im Dunkeln, sondern auch
Holzstöcke auf hell erleuchteter Bühne bewegen kann. In bewegender Weise
schildert Jesse die letzten Stunden im Leben von Elvis Presley. In der
Nacht vor dem anstehenden Start einer Konzerttournee erlag er einer
Überdosis Tabletten und Schmerzmittel, mit denen er seine Angst und
Nervosität bekämpfen wollte, und wurde schließlich von seiner Verlobten
Ginger tot im Badezimmer aufgefunden. „Nun sind wir endlich wieder
zusammen – ich freue mich auf meinen kleinen Bruder“, lautet Jesses
lakonisches Fazit. Auf der Bühne indes werden nochmal alle Register
gezogen, mit großen Elvis-Hits wie „Suspicious Minds“ und „I can’t help
falling in love“, mit einem wie entfesselt singenden und tanzenden Nils
Strassburg im schwarz-goldenen Outfit und mit den Vegas Showgirls in
herrlichen, pinkfarbigen Federschmuck-Kostümen. Im Epilog singt
Strassburg noch eine berührende Vaiante von "My Way". |