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"Ich versuche, die Tiere zu präsentieren und nicht mich"
Alexander Lacey ist nach mehreren Jahren in den USA zurück beim Zirkus Charles Knie

Frankfurt am Main, 27. Juli 2018: Im Frühjahr 2003 kam ein junger Brite mit seiner gemischten Raubtiergruppe nach Deutschland und sorgte für Furore. Als Alexander Lacey seine erste Saison beim Circus Barum absolvierte, begeisterte er das Publikum mit herrlichen Tieren, außergewöhnlichen Tricks und einer sehr eleganten Präsentation. 2007 wechselte er zum Zirkus Charles Knie, den gerade Sascha Melnjak übernommen hatte. Nach fünf Saisons mit diesem Unternehmen folgte er dem Ruf der "Greatest Show on Earth" und ging zu Ringling in die USA. Seit Herbst letzten Jahres ist er wieder zurück in Europa. Wir trafen Alexander Lacey beim Gastspiel des Zirkus Charles Knie in Frankfurt am Main zum Gespräch.

Chapiteau.de: Was denkst du, wenn du durch die Stadt läufst und überall auf den Plakaten dein Gesicht siehst?

Alexander Lacey: Um ehrlich zu sein: Das ist nichts Ungewöhnliches für mich. Insbesondere, wenn ich für Sascha [Melnjak] arbeite. Als ich 2007 bis 2011 das erste Mal für Sascha arbeitete, hatte er mich schon auf allen Plakaten. Ich hatte zudem das Glück, dass mein Gesicht auch auf allen Reklametafeln, Plakaten und Programmheften von Ringling Brothers war. Und das sogar am Times Square. Ich bin ziemlich stolz, auf dem Screen dort gewesen zu sein. Aber es steigt mir nicht zu Kopf. Ich versuche, nicht auf diese Weise darüber zu denken. Für mich ist es nicht wichtig, mein Gesicht zu sehen. Es geht darum, dass die Tiernummer auf dem Plakat ist. Das sehe ich gerne. Marek [Jama] ist mit seinen Tieren auch auf den Plakaten. Auch wenn das Festival in Monte Carlo die Tiere auf dem Plakat hat, freut es mich, das zu sehen. Es geht also eigentlich nicht um mich. Es geht um die Tiere.


Heilbronner Weihnachtscircus 2010/11

Chapiteau.de: Bist du glücklich, wieder in Europa zu sein?

Alexander Lacey: Auf jeden Fall. Ich liebe die USA, es war großartig dort. Von meinem Vertrag waren noch drei Jahre offen. Aber wie wir alle wissen, hat Ringling den Betrieb eingestellt. Ich liebe Deutschland. Ich war hier sehr glücklich. Deutschland war immer gut zu mir, eigentlich zu meiner ganzen Familie, Martin eingeschlossen. Ich habe insgesamt neun Jahre in Deutschland gearbeitet, bevor ich in die USA gegangen bin. Das ist mein zehntes Jahr. Es war schön in Frankreich gewesen zu sein und für Thierry Feery in Lille gearbeitet zu haben. Es war unser erstes Engagement nach der Rückkehr. Ich bin überall dort glücklich, wo meine Tiere glücklich sind. Einer der Gründe, warum ich die USA so sehr genossen habe war, dass die Anlagen, die ich dort für meine Katzen hatte, absolut fantastisch waren. Und jeder Ort, an dem ich solche Anlagen habe, macht mich glücklich. Charles Knie ist ein anderer Ort, an dem das so ist. Ich bin also glücklich, hier zu sein.

Chapiteau.de: Wie schwer war es, die Entscheidung zu treffen, wohin zu gehen nach dem plötzlichen Ende von Ringling?

Alexander Lacey: Es war nicht zu schwer. Denn es gab nicht allzu viele Optionen, um ehrlich zu sein. Ich hatte Optionen, nicht nur in Europa. Irgendwo weit weg, wie Japan, sogar China und Russland. Aber ich bevorzugte viel mehr den Gedanken, in Europa zu sein. Auch wieder nah bei meinem Bruder zu sein. Deutschland gab mir die perfekte Gelegenheit. Wie ich schon sagte, war ich fünf Jahre bei Charles Knie, bevor ich Deutschland verlassen habe. Alles war wunderbar. Als ich mit Sascha sprach, war er interessiert und bot einen Vertrag an, den ich sehr gerne unterschrieben habe. Es war also insgesamt nicht schwer, diese Entscheidung zu treffen.


Zirkus Charles Knie 2008

Chapiteau.de: War es schwer, die Tiere zurück nach Europa zu bringen?

Alexander Lacey: Ob man es glaubt oder nicht, es war nicht so schwer. Wenngleich man, wenn man Facebook verfolgt hat, gedacht hätte, dass es schwierig war. Es gibt einen sehr langen Prozess, wenn man die Papiere beantragt, um in die USA zu fliegen und zurück zu fliegen. Und es war dafür super, dass ich neun Jahre in Deutschland war, bevor ich in die USA aufbrach. In Deutschland gibt es die Leitlinien. Es muss also in jeder Stadt, in die du gehst, der Amtstierarzt das Buch unterschreiben und sicherstellen, dass alles in Ordnung ist. Teil des Prozesses, um in die USA zu fliegen ist, dass sie deine Historie sehen wollen, wie du dich um deine Tiere gekümmert hast. Ich habe eine sehr gute Historie, eine sehr gute Akte über die Haltung der Tiere. Die deutschen Leitlinien haben mir sehr viel bei den Überprüfungen geholfen, die wir hatten. Für den Rückflug von den USA nach Europa war es genauso. Sie würden mich nur gehen lassen, wenn ich eine gute Akte hätte. Nun war ich sechs Jahre lang in den USA, und ich habe vieles verändert. Wir haben die Tiere nicht mehr mit dem Zug befördert, wir sind auf der Straße gefahren, um die Transportzeiten zu verkürzen. Wir hatten die großen Außengehege, wie wir sie in Europa haben. Als ich in Amerika ankam, habe ich all das verändert. Also hatten wir diese Gehege, und wir bauten sie in jeder Stadt auf. Und wenn wir in jeder Stadt geprüft wurden, waren die lokalen Behörden sehr überrascht, diese Aufbauten zu sehen. Denn es wurde in der Vergangenheit nicht auf diese Weise gemacht. Folglich hatte ich eine sehr gute Akte. Insofern war es eigentlich ganz einfach, die notwendigen Papiere zu bekommen. Allerdings war es ein langwieriger Prozess. Daher erschien es auf Facebook so, als ob es schwierig war. Denn wenn du die Papiere beantragst, gibt es eine sechswöchige Wartezeit, wenn der ganze Prozess beendet ist. Der Prozess an sich dauert vier Monate. Am Ende der vier Monate gibt es einen sechswöchigen Prozess, bei dem sie zu dir sagen: ‚Ok, alles ist gut. Aber wir müssen die Öffentlichkeit wissen lassen, dass du zurück nach Europa fliegst.‘ Und natürlich, sobald die Öffentlichkeit es weiß, finden es die Tierrechtsaktivisten heraus. Sie versuchen, eine große Diskussion daraus zu machen und sagen, dass ich nicht fliegen soll und so weiter. Aber diese öffentliche Meinungsbefragung ist wirklich nur eine Formalität des gesamten Prozesses, um nach Übersee zu fliegen. Ohne Rücksicht darauf, ob die Menschen wollen, dass du fliegst oder nicht, betrachten sie deine Leistungsaufzählung. Und ich hatte eine sehr gute Leistungsaufzählung. Die Papiere waren also kein Problem. Es war nicht schwer, nur ein langwieriger Prozess.

Chapiteau.de: Wie lange hat es gedauert, die neue Gruppe aufzubauen?

Alexander Lacey: Um ehrlich zu sein: es ist ein immerwährender Prozess. Als ich in die USA ging, hatte ich meine ursprüngliche Gruppe, die wir hier bei Charles Knie hatten. Aus dieser ursprünglichen Gruppe habe ich die Katzen gezüchtet, mit denen ich jetzt arbeite. Als ich in den USA ankam, arbeitete ich zunächst mit meiner alten Gruppe. Dann habe ich ganz langsam die jüngeren Tiere hereingenommen, wenn sie dafür bereit waren. Danach habe ich sukzessive meine alte Gruppe verloren. Sie sind aufgrund ihres hohen Alters verstorben, und am Ende hatte ich nur noch die neue Gruppe. Aber einige Dinge sind währenddessen passiert. Zu allererst war Mister Feld sehr gut zu uns. Als ich in den USA ankam, erzählte ich ihm, dass ich möglicherweise einige der älteren Tiere in den Ruhestand schicken müsse. Aber ich wollte sie bei mir behalten, oder sie sollten weiterarbeiten, aber nicht mehr so viel machen. Er war großartig, er gab mir all die Anlagen und kam für die dadurch entstandenen Kosten auf. Und dann sollten wir eine Nummer mit zwei Tigern und einem männlichen Löwen auf drei Elefanten machen. Die Gleiche, die Louis Knie sen. vor Jahren bei Knie gemacht hat. Louis wurde sogar unter Vertrag genommen, um herüberzukommen und mir zu helfen. Also flogen wir die Katzen ein. Die beiden Tiger wurden von meinem Vater gezüchtet, der männliche Löwe von meinem Bruder. Wir begannen sie zu trainieren. Aber als es Zeit wurde, das Training mit den Elefanten zu beginnen, beschlossen sie, die Elefanten aus der Show zu nehmen. So wurde aus meiner Gruppe von elf Tieren eine von 14, denn ich musste diese drei Katzen in meine Nummer integrieren. Und dann erlebte ich am letzten Tag, als ich die USA verließ, eine unglückliche Wendung des Schicksals. Daran arbeite ich noch immer mit dem Anwalt in den USA. Denn als wir zurückfliegen wollten, verschwand das Transportunternehmen während unserer Fahrt nach Memphis, Tennessee für eine Stunde. Wir wussten nicht, wo sie hingegangen waren, wir konnten sie nicht finden. In dieser einen Stunde, in der sie weg waren, kam ein Tiger frei. Wir sind nach wie vor nicht sicher, ob er seitens des Transportunternehmens, also von den Fahrern freigelassen wurde oder ob jemand dafür bezahlt wurde. Ich verlor einen Tiger auf dem Weg zurück, und das hat die Gruppe stark beeinflusst. Aktuell bin ich dabei, eine Menge an Dingen neu zu trainieren und die Gruppe wieder in die gewohnte Form zu bringen.

Chapiteau.de: Wie viele Tiere hast du zur Zeit?

Alexander Lacey: Ich arbeite mit 13 Tigern und Löwen sowie einem Leoparden. Der Leopard heißt Mowgli und sollte hoffentlich nächstes Jahr in der Show sein. Ich werde ihn nicht in die Gruppe nehmen, weil es ein wenig schwierig und er ziemlich speziell ist. Er wird auch alleine ein schönes Bild abgeben. Man sieht Leoparden nicht mehr häufig in der Show eines Circus. Die Idee ist, ihn am Ende der Nummer hereinzubringen und etwas Kleines mit ihm zu machen. In den USA arbeitete ich mit ihm an der Leine während der Parade. Aber das ist in Europa nicht erlaubt. Er muss innerhalb des Zentralkäfigs sein.

Chapiteau.de: Und die Tiere stammen alle aus deiner Zucht bzw. der deiner Familie?

Alexander Lacey: Ja, alle mit Ausnahme eines Löwen, einer Löwin und eines Tigers. Immer wenn wir eine neue Gruppe aufbauen, züchten wir mit unseren eigenen Katzen. Aber wir bringen einen Löwen oder Tiger aus einem Zoo oder Circus hinzu, mit dem unsere Tiere nicht verwandt sind. Dann können wir die nächste Generation züchten.


Zirkus Charles Knie 2018

Chapiteau.de: Wer hat dich beim Aufbau der neuen Gruppe unterstützt?

Alexander Lacey: Ich habe alle Tiere selbst trainiert. Das habe ich immer so gemacht. Was in den USA großartig war: In den letzten vier der sechs Jahre, die ich in den USA war, hat Ringling Brothers meine Mutter angestellt. Sie wurde meine Chef-Tierpflegerin. Das war großartig, denn das gab mir sehr viel mehr Zeit, mich auf das Training der Tiere zu konzentrieren. Sie hat natürlich sehr viel Erfahrung. Wann immer ich eine Frage hatte oder einen Ratschlag brauchte, konnte ich sie ansprechen.

Chapiteau.de: Was ist an dieser Gruppe im Vergleich mit der alten besonders?

Alexander Lacey: Ich denke, es ist die Anzahl der Tiere. Früher waren es acht, jetzt sind wir bei 13. Und ich habe zwei männliche Löwen in der Nummer. Einige Menschen bevorzugen die alte Gruppe, andere die aktuelle und wieder andere sagen, dass beide gleich gut sind. Viele Menschen fragen mich, warum ich mit der neuen Gruppe nicht so arbeite wie mit der alten. Aber ich erkläre diesen Menschen, und sehr oft auch Journalisten, dass es beim Training der Katzen nicht meine Sache ist, zu entscheiden, was ich von ihnen möchte. Ich muss sehen, was sie machen möchten, womit sie sich wohlfühlen. Nun habe ich eine komplett neue Gruppe Katzen, und sie bevorzugen es, einen komplett anderen Ablauf der Nummer zu machen. Als ich die letzte Gruppe trainiert habe, hatte ich einige Sequenzen in der Nummer, die ganz anders waren und die vorher noch nicht gemacht wurden. Da waren die beiden Tiger, die auf dem Rücken des Mähnenlöwen Massai standen. Das war anders, das gab es vorher noch nicht. Darauf bin ich sehr stolz, denn es ist nach so vielen Jahren Circusgeschichte sehr schwierig, innovativ zu sein. In meiner alten Gruppe war das der Originaltrick. In dieser Gruppe ist der Originaltrick, dass sich alle 13 Tiere gleichzeitig auf die Seite legen. Und das ist sowohl anders als auch ungewöhnlich. Es ist also schwierig, innovativ zu sein. Ich denke, ich habe das mit den beiden Gruppen geschafft. Darauf bin ich ziemlich stolz.

Chapiteau.de: Entwickelst du die Gruppe noch weiter?

Alexander Lacey: Ja, immer. Sogar meine alte Gruppe, mit der ich in Monte Carlo gearbeitet habe, unterschied sich von der Gruppe, mit der ich die letzten Jahre vor dem Ringling-Engagement in Deutschland gearbeitet habe. Ich führe immer wieder neue Dinge ein. Es ist sehr wichtig für die Tiere, mit ihnen immer wieder neue Sachen zu trainieren. Das hält sie interessiert, hält sie aktiv. Es ist auch für mich wichtig. So langweile ich mich auch nicht. Meine jetzige Gruppe wird in zwei Jahren ganz anders sein, wird sich weiter verändern.


Heilbronner Weihnachtscircus 2010/11

Chapiteau.de: Hast du einen Lieblingstrick?

Alexander Lacey: Ja, ich habe immer den Trick mit dem Löwen und den beiden Tigern gemocht. Als ich einen Tiger verloren habe, bevor ich Amerika verließ, verlor ich leider auch diesen Trick. Was ich mit meiner alten Gruppe trainierte und was ich mochte, war das Laufen auf den Hinterbeinen mit einem vorwärts und einem rückwärts laufenden Tiger. Was ursprünglich von Günther Gebel-Williams gezeigt wurde. Der Einzige, der es nach ihm gemacht hat, war Louis Knie. Und dann machte ich es. Ich denke, meine Version war die Beste von allen Dreien. Aber das ist meine Meinung. Vielleicht möchte ich versuchen, das wieder zu trainieren. Ich habe ein paar männliche Tiger, die sehr gut auf ihren Hinterbeinen arbeiten. Es wird schön sein, diesen Trick mit einem Paar männlicher Tiger zu machen. In der Vergangenheit wurde er nur mit Weibchen gemacht.

Chapiteau.de: Wie würdest du deinen Stil, die Tiere zu präsentieren, beschreiben?

Alexander Lacey: Ich versuche, die Tiere zu präsentieren und nicht mich. Es ist nicht wichtig für mich, dem Publikum zu zeigen, wie großartig oder mutig ich bin. Als ich nach meiner Rückkehr aus den USA in Heilbronn war, stand ich im Vorzelt und habe Unterschriften für den Lacey Fund gesammelt. Viele Menschen sind zu mir gekommen und haben mit mir gesprochen. Das erste, was diese Menschen immer gesagt haben war, dass ich ihre Meinung über Löwen und Tiger im Circus verändert habe, wenn sie die Freundschaft und die Beziehung zwischen mir und den Katzen gesehen haben. Und das ist das Wichtigste für mich. Für mich habe ich mein Ziel erreicht, wenn die Menschen das sagen.

Chapiteau.de: Was ist die wichtigste Botschaft, die du dem Publikum vermitteln willst, wenn du in der Manege bist?

Alexander Lacey: Die Freundschaft und das Vertrauen zwischen mir und den Katzen. Und wenn die Menschen das wahrnehmen und glücklich sind, es zu sehen. Früher habe ich am Ende meiner Nummer die Spiegelkugel gemacht. Für mich sind diese Zeiten ein wenig vorüber. Denn die Menschen wollen jetzt die Beziehung sehen, die du zu den Katzen hast. Und sie wollen jetzt den Charakter der Tiere sehen. Wie bei diesem Trick, wo sie sich alle gemeinsam hinlegen. Die Menschen lieben das, weil sie überrascht sind, dass Tiger und Löwen so gut miteinander zurechtkommen. Die Tiere sehen entspannt aus, weil sie sich wohlfühlen. Das ist am Wichtigsten. Das ist es, was ich dem Publikum mitteilen möchte. Martin und ich hatten das Glück, dass, als wir auftauchten, viele Zuschauer – sogar Menschen vom Circus – in der Pause ihren Kaffee tranken und fragten: Was ist die nächste Nummer? Ah, die Raubtiernummer. Wir können also noch weitere 15 Minuten bleiben.“ Die Menschen sind damals nicht reingegangen und haben sich die Raubtiernummer nicht angesehen. Aber als Martin und ich auf der Bildfläche erschienen sind die Menschen, wenn sie wussten, dass es eine Lacey-Nummer war, hereingegangen und haben zugeschaut. Und es geht nicht darum, dass wir sagen, dass wir besser sind als alle anderen. Aber wir haben es anders gemacht. Wir hatten eine andere Form der Präsentation, und das wird mir auch klar, weil viele Menschen unsere Art der Präsentation kopieren. Es gibt nun 101 Menschen, die den Trick mit dem Löwen auf der Spiegelkugel machen. Ich möchte etwas anders machen. Es geht auch um die Art, wie wir die Dinge draußen machen. Niemand hatte die großen Außengehege wie Martin und ich, die doppelten Veranden an den Fahrzeugen. Das war etwas, das ich zuerst gemacht habe. Auch so etwas einfaches wie die Bambus-Aufkleber an den Klappen. Wir sind ziemlich glücklich, dass wir solch einen Einfluss hatten. Es ist nur positiv, wenn Menschen versuchen, dich zu kopieren. Wenn ich einen Circus mit Tieren besuche, genieße ich es, die Show anzusehen. Aber was ich immer zuerst mache ist, nach hinten zu gehen und mir die Tierschau anzusehen. Denn wir sind so großgezogen worden, dass uns zunächst nicht beigebracht wurde, wie Tiere vorgeführt und trainiert werden. Uns wurde zunächst beigebracht, wie man Backstage für sie sorgt. Nachdem wir gelernt hatten, das richtig zu machen, gaben uns unsere Eltern die Möglichkeit, damit zu beginnen, enger mit den Tieren zu arbeiten. Ich sehe oft Menschen mit Raubtiernummern, die versuchen, meinem Bruder und mir nachzueifern. Aber dann gehen wir Backstage und es ist sehr dürftig. Und ich mag es nicht, das zu sehen. Ich sehe lieber eine Nummer, die ok ist, aber eine fantastische Haltung hat als eine großartige Nummer mit einer schlechten oder mittelmäßigen Tierhaltung.


Heilbronner Weihnachtscircus 2008/09

Chapiteau.de: Wie sehen deine Pläne für die Zukunft aus?

Alexander Lacey: Aktuell sind wir ja bei Charles Knie. Sascha hat uns angeboten, im kommenden Jahr wieder hier zu sein. Darüber sind wir sehr glücklich. Die Zukunft ist derzeit schwierig, weil es da draußen eine Menge von Falschinformationen in den Sozialen Medien und mit dem Tierschutz gibt. Jeder ist ein Experte geworden. Die Welt verändert sich sehr stark, alles verändert sich, wird immer schwieriger. Die Menschen wollen eine „schnelle Lösung“. Wenn man früher Fernsehen geschaut hat, gab es fünf Kanäle. Wenn es nichts gab, das du sehen wolltest, hast du dir etwas angesehen, das du nicht gezielt anschauen wolltest. Aber du hast es dir angesehen, und am Ende war es ein ziemlich gutes Programm. Du warst froh, es gesehen zu haben. Heute wollen die Menschen sich nicht hinsetzen und etwas erleben, das sie nicht interessiert. Sie wollen einfach eine „schnelle Lösung“. Es ist sehr schwierig. Menschen, die in die Show kommen, lieben diese Show. Wenn du nach der Show mit dem Publikum sprichst, ist jeder glücklich. Der schwierige Teil ist, zu versuchen, sie hinein zu bekommen. Zu versuchen, sie hierher zu bekommen, sie zum Hinsetzen zu bewegen und dazu, sich die Show anzusehen. Einige der besten Shows überall in der Welt haben Schwierigkeiten auf die ein oder andere Art.

Chapiteau.de: Wie siehst du die Zukunft des Circus insgesamt und wie die des Circus mit Tieren im Besonderen?

Alexander Lacey: Es ist schwierig genau zu sagen, wie die Zukunft sein wird. Alles verändert sich so schnell. Ich denke, Live-Unterhaltung hat eine Zukunft. Aber jede Art von Live-Unterhaltung hat, so wie ich das sehe, zu kämpfen. Es ist fast so, als ob jeder sein spezielles Publikum hat. Das Publikum, das zu uns kommt, ist nicht das Publikum, das zu Flic Flac geht. Das Publikum, das zu Flic Flac geht, ist nicht das gleiche Publikum, das zu Roncalli geht. Das Publikum, das zu Roncalli geht, ist nicht das gleiche Publikum, das in die Palazzos geht. Wir haben also unser Publikum. Es genießt die Show. Und wie ich schon sagte: Das Problem der Tiercircusse ist, dass wir immer in der Verteidigung sind. Früher kamen die Menschen, sahen sich die Show an, gingen in die Tierschau, sprachen mit den Tiertrainern, genossen die Show, und das war es dann für uns. Aber heute besteht die Schwierigkeit darin, das Publikum davon zu überzeugen, zu kommen und ihm - bevor es kommt - zu zeigen, dass das, was du machst, gut ist. Dieses Problem gab es in der Vergangenheit nicht. Wenn die Menschen kommen, genießen sie die Show, sie lieben sie und sie werden wiederkommen. Aber ich kann nicht in die Zukunft schauen.

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Interview, Übersetzung und Fotos: Stefan Gierisch; Plakatmotiv: Zirkus Charles Knie