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Richter Flórián Cirkusz - Tour 2025
www.richterfloriancirkusz.hu ; 189 Showfotos

Zamardi, 12. August 2025: Die Ungarn dürfen sich glücklich schätzen, verfügt das Zehn-Millionen-Einwohner-Land doch über zwei große Reise-Circusse von internationalem Format und Renommee. Beide werden von der Familie Richter betrieben. Der Ungarische Nationalcircus steht unter der Leitung von József Richter jun. und seinen Eltern József sen. und Carola Richter. Deren älterer Sohn Flórián hat sich von dem Unternehmen getrennt, war zunächst mit einer reisenden Pferdeshow auf Tour und hat diese dann in einen traditionellen Circus mit moderner Note umgebaut.

2025 feiert der nach ihm benannte Richter Flórián Cirkusz sein zehnjähriges Bestehen. Während des größten Teils der Reisesaison spielen die beiden „Richter-Circusse“ weit voneinander entfernt: Der Ungarische Nationalcircus ist im Frühjahr stets im Osten des Landes unterwegs, nicht weit von der Ukraine, und bespielt dann im Herbst Städte im Westen, nahe Österreich. Der Richter Flórián Cirkusz macht es genau umgekehrt. Am ersten Oktoberwochenende beispielsweise trennt beide Unternehmen mit Gastspielen in Szombathely und Békéscsaba eine 400-Kilometer-Fahrt durch ganz Ungarn. Völlig anders sieht es während der Sommermonate Juli und August aus. Da stehen beide Circusse am Ufer des Plattensees, der mit Abstand beliebtesten Urlaubsregion Ungarns. Keine 30 Minuten sind nötig, um vom Chapiteau des Ungarischen Nationalcircus („Magyar Nemzeti Cirkusz“) in Balatonlelle zum Richter Flórián Cirkusz in Zámardi zu gelangen. Beste Voraussetzungen, um beide Programme zu sehen und dies mit einem Badeaufenthalt in der schönen, sonnenverwöhnten Balaton-Region zu verbinden.


Beim Sommergastspiel in Zámardi spielt der Richter Flórián Cirkusz auf eigenem Grund und Boden

Seit unserem letzten Besuch an diesem Ort ist der Richter Flórián Cirkusz umgezogen und besitzt nun ein eigenes Grundstück an der Landesstraße M 7, nicht weit von Ungarns größtem Touristenort Siófok. Das Gelände bietet genügend Platz für den Circus mit seinem weißen Sechs-Masten-Chapiteau, einem Vorzelt und dem Kassen-Durchgangswagen mit seinen schönen Motiven sowie den gesamten Fuhrpark. Zudem stehen reichlich Parkflächen zur Verfügung. Ein wenig kühl wirkt die Atmosphäre im Inneren, denn die Tribüne gruppiert sich in U-Form um die runde Manege, was in dem riesigen Zelt eine gewisse Distanz schafft. Eine halbrunde Konstruktion aus Metalltraversen mit rotem Stoff schließt den Raum nach hinten ab.


Kevin-Richter-Truppe, Flórián Richter

Somit ist es zunächst die Aufgabe von Clown Davis Vassallo, den Kontakt zum Publikum herzustellen. Dies gelingt ihm mit einem Klatschspiel. Nach einem längeren Engagement beim renommierten Revuetheater Royal Palace im Elsass ist die Truppe von Juniorchef Kevin Richter zurückgekehrt. Rock-Klassiker schmettern aus den Boxen, wenn sieben Jungs der Truppe – hier noch ohne ihren Namensgeber – mit vollem Tempo und zahlreichen Salti und Überschlägen übers Fasttrack fegen. Im zweiten Teil der Nummer kommt zudem eine Russische Schaukel zum Einsatz, so dass sich die Flugbahnen übers Trampolin und in der Luft kreuzen. Auch der vollständige Überschlag mit der Schaukel wird gezeigt. Viel Schwung und Temperament kennzeichnen auch die Art und Weise, in der Direktor Flórián Richter seine Freiheitsdressuren präsentiert. Acht Schimmel, vier schwarze Pferde und ein geschecktes vereint er in der Manege. Der Virtuose leitet sie zu anspruchsvollen, temporeichen Lauffiguren an, insbesondere mit imposanten Gegenläufen in unterschiedlichen Varianten, bis hin zum Karussell auf drei Bahnen plus dem Schecken, der in der Manegenmitte seine Kreise zieht. Feurige Steiger in der Sechsergruppe wie auch von einzelnen Tieren dürfen nicht fehlen.


Giordan Alessandrini, Réka Lantos, Davis Vassallo

Um einen imaginären Ball in einer Tüte dreht sich das heitere Zwischenspiel von Davis Vasallo, mit dem er zur Handstandakrobatik von Giordan Alessandrini überleitet. Der junge Mann ist eine Neuentdeckung für uns. Zu rasanter Musik arbeitet er auf einem Podium mit Treppe. Ungeheuer eindrucksvoll ist insbesondere, wie er im einarmigen Handstand auf einer Krücke die Stufen des Requisits hinaufspringt und dabei auch noch einen Reifen um den freien Arm kreisen lässt. Réka Lantos war uns bisher vor allem von ihren Engagements beim Circus Louis Knie im Nachbarland Österreich bekannt. Die hübsche Artistin zelebriert am drehbar aufgehängten Trapez kraftvoll und ausdrucksstark ihre Posen, vergisst dabei aber niemals das strahlende Lächeln. Jede ihrer Bewegungen ist genau auf die musikalische Begleitung durch Michael Bublés "I'm feeling good" abgestimmt. Für Davis Vassallo war 2018 das Engagement beim Circus Florian Richter das erste in Europa nach seiner Rückkehr in den USA. Nun ist er hier zum zweiten Mal zu Gast. Erneut wird deutlich, dass er nicht nur ein sympathischer Komiker, sondern auch ein guter Artist ist. Dies beweist er auf dem Sprungseil mit Vorwärts- und Rückwärtssalti, die jeweils in sitzender Position gelandet werden. Dabei wird eine nette Geschichte erzählt, wie er von der charmanten Ashley Vargas – seiner langjährigen Lebensgefährtin – auf das Requisit gelockt wird. Dies gelingt, auch wenn die angebotene Leiter gleich in Stücke fällt. Erneut temporeich geht es bei der Ungarischen Post zu, die von Direktionstochter Angelina Richter geritten wird und im Januar 2026 zu den Höhepunkten beim Internationalen Circusfestival von Monte Carlo gehören soll. 17 Vorauspferde in vier Gruppen galoppieren letztendlich in vollem Tempo durch die Manege, hinter ihnen die jugendlich-elegante Reiterin auf den Rössern 18 und 19. Dabei nimmt sie die Bänder von den Rücken der Tiere auf und formt so ein imaginäres Gespann. Ihr Vater Flórián ordnet das Geschehen in der Mitte des roten Rings. Damit geht es in die Pause.


Alexander junior, Suellen Sforzi, Réka Lantos

Bei der Handstandnummer von Alexander junior wecken Requisit, Kostüm und Trickfolge Erinnerungen an die legendäre Darbietung von Encho Keryazov. Auch Alexanders Version ist stark. Nicht fehlen darf der Klötzchen-Abfaller mit einer großen Zahl dieser „Bausteine“. Zum Abschluss geht es auf einer elektrisch weit aus- und einfahrenden Stange im einarmigen Handstand in die Höhe und wieder hinunter. Nochmals erleben wir Réka Lantos, nun mit einer Luftnummer, die aus Figuren im ausdauernden Zahnhang besteht. Dies kombiniert sie beispielsweise mit Wirbeln und kontorsionistischen Figuren. Mit Schwamm, Sprühflasche und Fensterabzieher reinigt Davis Vassallo die Glasscheibe vor der Loge. Da diese nur imaginär ist, bekommen die Gästen in den ersten Reihen einige Tropfen ab. Natürlich nimmt es dem freundlichen Spaßmacher keiner übel. Die bekannte Kontorsionistin Suellen Sforzi nimmt nicht nur eine Rose vom Boden auf, sondern auch Brille und Hut. Geschickt setzt sie beides mit den Füßen auf. Neu für uns ist der erweiterte Schlusstrick: Beim mit den Füßen ausgelösten Bogenschuss zielt sie nicht mehr nur auf einen, sondern jetzt auf drei hintereinander angeordnete Luftballons. Der brennende Pfeil landet auf der Zielscheibe und löst damit auch noch eine Stichflamme aus!


Davis Vassallo, Kevin-Richter-Truppe, Diorios

Mit vielen Gags gespickt ist die große Orchesterszene, zu der Davis Vassallo fünf Herren aus dem Publikum benötigt. Einer hat seine liebe Not mit dem Gong, der bei der ersten Berührung mit dem Schlägel sofort umfällt, ein anderer muss immer mehr „Instrumente“ an Kopf, Armen, Bauch und Beinen gleichzeitig bedienen. Immer wieder wird Assistentin Ashley gerufen, um neue zu bringen. Eines haben Mitwirkende und Publikum gemeinsam: die sicht- und hörbare Freude an der Sache. Für einen Höhepunkt des Programms sorgt die Schleuderbrettnummer der Kevin-Richter-Truppe, nunmehr durch ihren Chef und Namensgeber sowie durch "Gaststar" Alexander junior zur Neunergruppe erweitert. In eleganten weißen Kostümen mit dekorativem Muster in Blautönen wird hier beispielsweise in einen Sessel gesprungen oder wird nach gewaltig hohen Sprüngen mit Salti auf einer dicken Matte gelandet. Höhepunkt ist der Flug zum Fünf-Personen-Hoch mit Perchestange, die der Untermann in einem Beckengurt trägt. Zur anschließenden Finalnummer wird im Grunde alles gezeigt, was mit einer Motorradkugel in Kombination mit Motorradspringern an Effekten möglich ist. Denn erstens dreht hier auch eine Frau ihre Runden in der Kugel, zweitens öffnet sich diese während der Fahrt der Hasardeure und drittens wird die Kugel auch genau in dem Moment übersprungen, als sich deren zwei Hälften komplett auseinander bewegt haben. Da stört es auch nicht, dass die Diorios nur als Quartett angereist sind, mit drei Fahrern und einem Springer.

Die Pferdenummern und die Truppe aus dem eigenen Haus sorgen beim Richter Flórián Cirkusz für die großen Bilder, die engagierten Artisten für hervorragende Einzelleistungen und ein wunderbarer Clown für die notwendige Dosis Humor. Viel Tempo und rockige Musik geben der Show eine moderne Prägung. Mit Standing Ovations wird diese Kombination im Finale gefeiert. Es ist in dieser Saison vielleicht nicht das atmosphärischste, aber wohl das stärkste Programm, das wir in Ungarn gesehen haben.

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Text: Markus Moll; Fotos: Tobias Moll