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Circus Medrano - Tour 2024
www.circusmedrano.ch ; 168 Showfotos

Dübendorf, 17. März 2024: Der Circus von Davide Trentini ist das Chamäleon der Schweizer Circusszene. Immer wieder wechselt das Unternehmen seine Gestalt. Ab Oktober 2020 schickte der Tessiner zunächst den italienischen Circo Citta di Roma der Familie Bizzarro als Circus Picard auf Tour. Seit Juni 2021 wird der Name Medrano genutzt. 2022 stellte der italienische Circo Nando Orfei dafür Material und Programm. Zum Saisonstart 2023 folgte dann eine ähnliche Kooperation mit dem deutschen Circus Maximus von Renaldo Weisheit, von dem Chapiteau und Tierdressuren kamen.

Bereits nach rund einem Monat ging man wieder getrennte Wege. Im weiteren Verlauf der Saison reiste Trentini mit einem von Dominik Gasser jun. („Der Circus“) gemieteten Zelt. Nun hat das Chamäleon namens Medrano abermals sein Antlitz gewechselt und leuchtet rot-orange: Dies sind die Farben des ersten eigenen, fabrikneuen Chapiteaus des Hauses. Zu Beginn der Saison, auf dem zweiten Gastspielplatz in Dübendorf, fehlt noch das zugehörige Vorzelt, das erst einige Wochen später ergänzt wird. Also steht auf dem Chilbiplatz der Restaurationswagen im Freien. Gleiches gilt für die Kasse, die eine Vorgeschichte als Ticketverkauf eines Kirmes-Fahrgeschäfts hat.


Circus Medrano auf dem Chilbiplatz Dübendorf

Neu ist auch die Sitzeinrichtung mit blauen Schalensitzen, auch wenn sie in ihren Ausmaßen offenbar nicht ideal auf das Zelt abgestimmt ist. In den beiden Logenreihen sind die Sitze gepolstert. Daran schließt sich die sechsreihige Tribüne an. Blau sind ebenfalls die Logenwände, die den Zuschauerraum von der Spielfläche trennen. Eine Piste gibt es dagegen nicht, und auch kein Sägemehl. Der Manegenteppich aus rotem, glänzenden Plastik liegt direkt auf dem Asphaltboden des Festplatzes. Ein schmuckloser roter Vorhang zwischen Metalltraversen bildet den Artisteneingang, die Lichtanlage ist noch ausbaufähig. So wirkt das Ambiente insgesamt kühl und schlicht. Doch immerhin steht nun eigenes Material zur Verfügung, was Hoffnung für eine stabilere Entwicklung gibt. Und das Programm zum Beginn der Saison erweist sich als positive Überraschung.


Dinora Bondar, Ayoub, Michael Ramos

Nach der schwungvollen Ouvertüre erwarten uns zum Opening Melodien aus dem „Greatest Showman“-Soundtrack. Das ganze Ensemble stellt sich vor, und Clown Pepito und das komische Akrobaten-Duo Gancho tun sich für Keulenjonglagen zusammen. Der turbulente Auftakt geht gleich in die ersten Nummer über. Ayoub ist der einzige Artist, der bereits im Programm war, als wir dieses zum Saisonauftakt 2023 in Stein am Rhein sahen. Sein Handicap am linken Fuß hält ihn weiterhin nicht davon ab, Akrobat zu sein – denn er drückt gekonnt Handstände auf dem Piedestal, in schwarzer Jeans und mit freiem Oberkörper. „Hey, Vamos“, mit diesem Ausruf feuern der junge Spanier Michael Ramos und seine Partnerin Melanie Martinez das Publikum an. Bis zu drei blaue Diabolos lässt Michael Ramos fliegen und über die Schnur zwischen den beiden Handstäben tanzen. Zwei Doppelkegel, nunmehr LED-beleuchtet, bewegt er effektvoll im abgedunkelten Zelt. Clown Pepito beweist im Anschluss seine Fähigkeiten bei der Jonglage mit Bällen. Eine Vielzahl davon kann er in der Luft halten, denn sie sind ja dreistückweise gebündelt. Ernsthafter geht es dann wieder bei Dinora Bondar zu. Die junge Frau mit der positiven Ausstrahlung zeigt Akrobatik in einem sich drehenden Metallring, der in einem Gestell auf dem Boden steht. Das Requisit ermöglicht Elemente wie in der Luftakrobatik, kontorsionistische Übungen und den Spagat.


Yentl Verbiest, Duo Gancho, Pepito

Jung, sympathisch und weiblich ist ebenfalls Yentl Verbiest, die ihr Können auf dem Einrad demonstriert. Dazu zählen beispielsweise das Jonglieren mit drei Keulen während voller Fahrt und der Kopfstand auf dem am Boden liegenden Rad. Sodann wechselt sie zum Hochrad – nicht nur, um es mit dem Sattel auf ihrem Kinn zu balancieren, sondern auch für weitere Runden durch die Manege einschließlich Jonglagen. Pepito, der freundliche Clown aus Südamerika, leitet mit einem Klatschspiel über zur nächsten Nummer. Diese bietet ebenfalls gute Laune, denn das Duo Gancho alias Jesus Domenico Cavassa und sein Manegenpartner Patrik Perecsenyi unterhält uns mit einer Mischung aus Spaghetti-Entree und Kaskadeurnummer. Die Geschichte vom Restaurant mit unverschämtem Kellner ist in ihrer Grundstruktur bestens bekannt. Hier verbinden sich in diesem Rahmen witzige Elemente und akrobatisches Können. Für Pepito erweist es sich beim Jonglieren von Keulen als Handicap, dass er – natürlich nur vorgeblich – furchtbar Angst hat, von diesen am Kopf getroffen zu werden. Mit einem Korb voller Eier möchte er dagegen den Logengästen einen kleinen Schreck einjagen. Doch selbstverständlich landen die Eier nicht in den vorderen Reihen, denn sie sind ja einzeln angebunden.


Duo Opa, Melanie Martinez, Duo Gancho

Im Laufe der Vorjahres-Saison 2023 zum Circus Medrano gestoßen und seitdem geblieben ist das Duo Opa, bestehend aus Dima Pavlenko und Partnerin Guilena Bondar. In seinem ersten Auftritt widmet sich das Paar einem Filmklassiker. Als Agent 007 und „Bondgirl“ drehen sich die beiden in hoher Geschwindigkeit auf Rollschuhen und wagen einige Tricks des Genres, bis hin zum Genickhangwirbel. Nach dieser sinnlich-ausdrucksstarken Darbietung wird es vor der Pause noch einmal witzig, wenn das Duo Gancho zum „Concerto“ lädt. Dabei entsteigt Patrick zunächst der Transporthülle eines Kontrabasses und wird von Partner Jesus wie ein Instrument verwendet. Auf seinem Körper wird nicht nur Luftgitarre, sondern auch Klavier und Bass gespielt. In Klammerhaltung verbunden, einer von beiden kopfüber, wird das Gesäß des jeweils anderen zur Trommel. Zum Auftakt des zweiten Programmteils präsentiert Melanie Martinez ihre Antipodenspiele, die sie im mexikanischen Stil gestaltet hat. In einem sehr ansprechenden Kostüm in grün, weiß und gold – zu Beginn und zum Schlusskompliment mit passendem Sombrero – lässt sie bis zu vier Teppiche in der gleichen Farbgebung kunstvoll über ihre Hände und Füße kreisen.


Yentl Verbiest, Duo Opa, Duo Gancho

Auf eine hübsche junge Artistin folgt die nächste, denn nun gehört die Manege nochmal Yentl Verbiest. Zunächst geheimnisvoll mit rotem Umhang über dem Kostüm und Gesichtsmaske tritt sie auf, um beides schnell wieder abzulegen. Am Trapez überzeugt sie zunächst mit Posen am still hängenden, dann mit Figuren am schwingenden Trapez. Während Clown Pepito ansonsten vorwiegend auf eignes Können setzt, darf oder muss beim „Karate“ ein Zuschauer mitmachen. „Time of my Life“ aus dem Dirty-Dancing-Soundtrack liefert die Begleitung zum Tanz des Duos Opa, der mit Elementen der Partnerakrobatik und Hebefiguren ergänzt wird – natürlich auch mit der Szene aus dem Tanzfilm, bei dem die Dame bäuchlings auf den nach oben gestreckten Händen des Partners liegt. In dieser Position rotiert der Herr zudem mehrfach um die eigene Achse, sie weiterhin tragend. Aller guten Dinge sind drei, nach diesem Motto dürfen wir uns nochmals am Duo Gancho erfreuen. Nun amüsiert das Duo mit heiteren Passing-Jonlagen. Die Keulen sind hier als elegante Weinflaschen gestaltet, Marke „Cascade Vineyards“. Außer den „Flaschen“ werden auch ein Handtuch und Hüte in die Wurfmuster einbezogen.


Dinora Bondar, Vanessa, Melanie Martinez

Für ihre gemeinsame Darbietung haben Michael Ramos und Melanie Martinez ein sehr selten zu erlebendes Genre gewählt, das wir bisher von chinesischen Artistinnen kannten. Ähnlich wie bei einer Kostümillusion werden hier hauchdünne, verschiedenfarbige Masken vor den Gesichtern in Sekundenschnelle gewechselt, nur durch einen Fächer-Schlag verborgen. Die Kostüme entführen uns dabei nach Fernost. Pepito musiziert in seinem letzten Auftritt auf der Trompete ("Oh when the Saints“) und bezieht dabei das Publikum ein. Dinora Bondar, ehemalige Sportgymnastin des portugiesischen Nationalteams, darf noch eine weitere Facette ihres Könnens unter Beweis stellen, wenn sie die Hula-Hoop-Reifen in einer tänzerisch geprägten Choreographie um Arme, Körper und Beine kreisen lässt. Die Schlussnummer gehört Vanessa mit ihren Zopfhängen, die sich durch viele Rotationen, Flüge und Tempowechsel auszeichnen. Zum Abschluss wechselt sie in den Zahnhang, dabei Metallkegel in den Händen haltend, aus denen oben Flammen lodern.

Auch diese Programmbesprechung zum Saisonstart des Circus Medrano kann – wie bereits 2023 – nur eine Momentaufnahme sein, denn wenige Wochen später präsentierte sich das Programm wiederum stark verändert und auch nicht mehr so umfangreich besetzt. Gleichwohl erlebten wir an diesem Morgen im Unternehmen von Davide Trentini schwungvolle Nummern und gut gelaunte Akteure. Ein schöner "Muntermacher" für den restlichen Sonntag.

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Text: Markus Moll; Fotos: Tobias Moll