Für den Part
„Circus“ ist wiederum Thomas Schütte mit seiner Grandezza
Entertainment verantwortlich. Das blau-gelbe Chapiteau inklusive
Vorzelt und Kassenwagen kommt erneut vom Circus Maximum der
Familie Zinnecker. Das artistische Ensemble wurde weitgehend aus
2023 übernommen. Die Regie liegt einmal mehr bei Thomas
Bruchhäuser. Hier, wie in vielen anderen Bereichen, ist Sandor
Donnert nicht unwesentlich beteiligt.
Höhner Rock and Roll Circus in Koblenz
Den Teil „Rock and Roll“ bestreiten natürlich die Höhner. Ihre
Musik ist der Soundtrack der Show. Ihr enormes Repertoire ist
der Garant dafür, dass jede Darbietung die passende Begleitmusik
bekommt. So entfalten mache bestens bekannte Nummern eine neue
Wirkung. Und das im positivsten Sinne. Zudem sind die Mitglieder
der Band auch in artistischen und clownesken Parts zu erleben.
Erstmals nicht mehr dabei ist Henning Krautmacher. Der
langjährige charismatische Frontmann der Höhner hat sich nun
endgültig verabschiedet. Nachfolger Patrick Lück ist bereits
seit 2022 beim „Höhner Rock and Roll Circus“ zu erleben und ist
jetzt der alleinige „Chef im Ring“. Er ist der wichtigste
Gastgeber des Abends, ohne sich dabei zu sehr in den Vordergrund
zu spielen. Er führt versiert durch die Show, lässt aber allen
anderen Akteuren viel Raum. Letztendlich sind die Höhner eine
Band gleichberechtigter Musiker und für diese Produktion nehmen
sie die Artisten bei sich auf. So ergibt sich eine ungemein
harmonische Circusvorstellung.
Opening, Duo Togni
Als kleine Einleitung nimmt Sandor Donnert eine kurze Kontrolle
der Eintrittskarten vor. Einen Herrn erwischt er ohne Ticket.
Damit er nicht das Chapiteau wieder verlassen muss, heuert er
kurzfristig beim Circus an. Es handelt sich dabei um Georg
Leiste, den wir während des Abends des öfteren als Clown erleben
dürfen. Dann übernehmen die Höhner. Mit dem Titelsong „Vivace“
heben sie die Stimmung gleich auf ein hohes Niveau. Alle
Mitwirkenden kommen zum Opening in die Manege, dann nimmt das
Duo Togni den Schwung aus der Eröffnungsszene auf. Mit ihren
ikarischen Spielen lassen Michael und Dario dem Publikum keine
Verschnaufpause. Mithin genau der richtige Start des
artistischen Programms. Die überaus sympathischen Brüder aus
Italien wissen die Zuschauer direkt für sich einzunehmen und
akrobatisch überzeugen sie ohnehin. Bei zig Salti und anderen
Sprüngen in den verschiedensten Variationen jonglieren sie sich
gegenseitig mit den Füßen durch die Luft. Fast schon poetisch
wird es, wenn die Höhner die eigene Band en miniature
darstellen. Dazu werden ihre Knie zu Musikern. Sonnenbrillen und
rote Kugeln als Nasen skizzieren die Gesichter. Darüber werden
weiße Hemden gestülpt, durch deren Ärmel die Hände Instrumente
im Kleinformat bedienen.
Svyat Rasshivkin, Yulia Rasshivkina, Olivier Taquin
und Patrick Lück
Zurück an ihren eigentlichen Arbeitsplätzen, intonieren die
Musiker „Die schönste Stroß'“. Damit begleiten sie die
traumhafte Kür an den Strapaten von Svyat Rasshivkin. Die
kraftvollen Tricks in luftiger Höhe des jugendlichen Artisten
werden optimal unterstützt. Somit gewinnt der Blondschopf die
Herzen des Publikums im Nu. Sogar freihändig im Spagat fliegt er
über dessen Köpfen. Mit beeindrucken Auf- und Abschwüngen
verabschiedet sich Svyat Rasshivkin. Freddi Lubitz kann zaubern.
Zumindest, wenn der Höhner-Gitarrist dabei von Georg Leiste
unterstützt wird. Da wird der Clown gar zur „schwebenden
Jungfrau“; bis der Schwindel kurzerhand auffliegt. Svyats Mutter
Yulia Rasshivkina hat sich bekanntermaßen der Hula Hoop-Artistik
verschrieben. Der Wirbelwind bringt, nicht zuletzt dank der
passenden Songs, enorm viel Energie auf die Bühne, welche
natürlich sofort auf die Zuschauer überspringt. Um alle
möglichen Körperteile lässt sie ihre Ringe virtuos kreisen.
Selbst dann, wenn sie an einer Schlaufe hängend Richtung Kuppel
gezogen wird. Die Frères Taquin sind für ihr filigranes,
poetisches und gleichermaßen witziges Spiel mit einem
Automatenmenschen bekannt. Den Part der höchst lebendigen Puppe
übernimmt hier wie gewohnt Olivier Taquin. Als Puppenspieler
fungiert aber Patrick Lück. Der Sänger der Höhner füllt diese
Rolle ganz ausgezeichnet. Zunächst läuft alles nach Plan, dann
entwickelt die lebensgroße Figur in Frack und Zylinder ihren
eigenen Willen, was allerlei Turbulenzen verursacht. Eine
Zuschauerin, in die sich Olivier Taquin verguckt hat, wird Teil
der Darbietung.
Trio Bokafi, Gerlings, Georg Leiste
Nach einem Saxofon-Solo von Jens Streifling gibt es
Schleuderbrett-Akrobatik mit dem Trio Bokafi. Die beiden Herren
katapultieren ihre Partnerin pfeilschnell in die Höhe, um sie
sogleich sicher wieder aufzufangen. Dazwischen bleibt Zeit für
elegante Salti und andere Sprünge. Das Ganze wird mit viel
Ausdruck präsentiert. Zwei Mitglieder der Gerlings sorgen für
den Nervenkitzel vor der Pause. Am Todesrad drehen sie
abgefahrene Runden. Dies auch mit verbundenen Augen oder im
Seilspringen. Einer stiehlt den Profis aber (fast) die Show.
Jens Streifling wagt sich ebenfalls in das Rad und spielt bei
seinen Runden sogar noch Saxofon. Nach der folgenden Pause wird
ein besonderer Gast aus Paris erwartet, Georgette. Die
wohlbeleibte Dame präsentiert sich als Seiltänzerin. Das Tau
dafür müssen starke Herren aus dem Publikum spannen, während es
auf ihren Schultern liegt. Zur Verblüffung aller gelingt das
Kunststück und Georgette macht einige Schritte auf dem Seil. Der
Spaß steht aber definitiv im Vordergrund, denn die Französin
wird von Georg Leiste im voluminösen Kostüm verkörpert.
Alex und Liza, Jordan Mesa Truppe
Ein Gitarren-Solo von Edin Colic leitet über zum Spiel mit zwei
Marionetten von Patrick Lück und Micki Schläger. An den Fäden
hängen Puppen, die XXS-Versionen ihrer selbst darstellen.
Traumhafte Partnerakrobatik eines jugendlichen Paares erleben
wir mit Alex und Liza. Liza wird von Alex im wahrsten Sinne des
Wortes auf Händen getragen. Und das auf die verschiedensten
Weisen. Etwa, wenn Alex einen Spagat macht und Liza sich auf
seinen Armen so nach hinten verbiegt, dass die Füße die Hände
berühren. Ebenfalls dabei ist der Einarmer von Liza auf dem Kopf
von Alex. Das Lied vom Clown Antonio ist wie gemacht für diese
Show und wird hier berührend von Georg Leiste und Patrick Lück
in Szene gesetzt. Der Sänger empfiehlt einem traurig auf einer
Bank sitzenden Mann, sich von Clown Antonio im Circus aufheitern
zu lassen. Am Ende stellt sich heraus, dass der Herr genau jener
Spaßmacher ist. Derweil verwandelt sich Georg Leiste in einen
Clown und gibt Kostproben seiner Kunst. Wie in den letzten
beiden Jahren bildet Artistik auf dem Hochseil den Schlusspunkt
des Programms. Statt den Gerlings ist 2024 ein Quartett um
Jordan Mesa mit diesem Genre zu erleben. Ihr Repertoire lässt
keine Wünsche offen. Vom Überspringen zweier Partner bis zur
Dreier-Pyramide ist alles dabei. Für Nervenkitzel ist also
gesorgt. Erst recht, wenn Höhner-Schlagzeuger Heiko Braun über
das Seil läuft. Zunächst mit den Händen auf den Schultern eines
Profis, dann freistehend. An der Longe geht es zurück auf den
Boden. Artistische und musikalische Zugaben machen das Finale zu
einem wahren Fest. Zum wirklich letzten Abschied gibt es ein
Akustik-Set von den Höhnern, bei dessen letzten Sequenzen sich
das Ensemble zur Band gesellt. |