Beim Anblick des Circus
Alessio geht uns das Herz auf. In Weiß mit roten Absetzungen
sind die Zeltanlagen gehalten. Allen voran das
Viermast-Chapiteau mit großer „Alessio“-Leuchtschrift auf der
Kuppel sowie Fahnen, Lichterketten und leuchtenden Kronen.
Passend dazu sind das Vorzelt und der Eingangspavillon
gestaltet. Den schönen Frontzaun zieren Bilder mit klassischen
Circusmotiven, das Circuslogo, Laternen und Lichterbögen. Auch
die Kasse mit großer Leuchtschrift auf einem Tonnendachwagen
bietet einen herrlichen Anblick. Rings um das Gelände gruppieren
sich weitere solche traditionellen Wagen wie auch moderne
Auflieger. Auch sie sind, mal mit Zeichnungen und mal mit
Foto-Motiven aus der Show, wunderbar gestaltet. Im hinteren Teil
des Platzes findet in Zelten und geräumigen Freigehegen die –
gerade nach heutigen Maßstäben – außerordentlich große und
artenreiche Tierschau ihren Platz. Vor der Circusfront flattert
eine Reihe großer Flaggen im Wind.
Circus Alessio auf der
Kaiserwiese Nördlingen
Und der überaus positive Eindruck
setzt sich im Inneren des Chapiteaus fort, etwa beim
Artisteneingang. Das weiße Portal mit goldenen Verzierungen und
rotem Vorhang schafft ebenso ein festliches Bild wie die
Laternen an den Logenbrüstungen. An zwei Reihen bequeme
Logenstühle schließt sich die Tribüne an. Mit der Lichtanlage
kann die Manege optimal ausgeleuchtet werden.
Aty, André Kaiser
Und so sind eigentlich alle
Voraussetzungen geschaffen, um in eine schöne Circusvorstellung
zu starten. Leider muss das Direktionspaar André Kaiser und Tina
Quaiser jedoch feststellen, dass nicht gespielt werden kann,
denn „der Clown ist weg“. Bei der Suche nach einem Kandidaten,
der „dumm genug“ ist, wird man bei Requisiteur Aty fündig, der
gerade die Logen kehrt. Er tauscht das klassische Livree gegen
einen blau-rot karierten Anzug, und am Schminktisch in der
Manege verwandelt sich sein Gesicht in das eines Clowns.
Klassisch wird es, wenn André Kaiser einen Sechserzug
gescheckter Pferde vorstellt. Mit Federpuscheln auf Kopf und
Rücken und zu traditioneller Circusmusik absolvieren die Tiere
unter der souveränen Anleitung des Direktors sicher die
Lauffiguren einer schönen Freiheitsdressur.
Duo Sky, Duo Laforte,
Patricia
Es sind nicht nur
Familienmitglieder, sondern auch engagierte Künstler, die das
Programm des Circus Alessio gestalten. So wurde aus Kuba das Duo
Sky gewonnen. Es hat eine außergewöhnliche Quadratperche-Nummer
mitgebracht. Das viereckige Metallgestell ruht auf den Knien des
Partners. Stabilisiert wird es mit einem Drahtseil, dessen Enden
an den Oberseiten der Quadratperche befestigt sind. Die dadurch
entstehende, gepolsterte Seilschlaufe hält der Partner mit dem
Nacken. Während er sich auf diese Weise kraftvoll in Balance
hält, zeigt sie an dem Rahmen quasi Elemente der Luftakrobatik,
unter anderem Haltefiguren, aber auch einen Genickhangwirbel.
Zwischen den Tricks am Requisit werden mehrfach Elemente der
Partnerakrobatik am Boden eingebunden. Den Aufbau des nächsten
„Turngeräts“, einer Slackline, überwacht Clown Aty. Das Kind aus
dem Publikum, das helfen soll, lässt das Band immer wieder
schnalzen, so dass der Komiker mehrfach am Gesäß getroffen wird.
Die von ihm gewünschte Autorität seines Auftretens leidet ebenso
wie seine Kehrseite. Dass André Kaiser nicht nur ein guter
Tierlehrer ist, sondern auch ein guter Akrobat, das beweist er
auf der Rola Rola. So erklimmt er eine zweiteilige Leiter mit
jeweils vier Sprossen links und rechts, jongliert mit Keulen,
erhöht zwischen gewagten Sprüngen die Zahl der Bretter auf der
Rolle und balanciert schließlich auf aufeinander gestapelten
Bänken. Neongelb-schwarz sind die Kostüme von ihm selbst und
seiner Partnerin, die ihm assistiert. Als „Duo Laforte“ tritt
das Paar hier gemeinsam auf. In seinem nächsten Auftritt möchte
Clown Aty mit Luftballons spielen, die aber beim strengen
Eingreifen der Requisiteurin platzen. Zu allem Unglück ist der
letzte Ballon wassergefüllt, so dass Aty nass wird. Miss
Patricia aus Ungarn beweist an den blauen Seidentüchern unter
der Zeltkuppel Kraft und Können, aber auch Charme und Eleganz.
Zu einem romantischen Lovesong überzeugt sie mit Posen und
Abwicklern.
André und Alessio
Kaiser
Als „Deutschlands artenreichste
Exotendressuren“ angekündigt wird die Pausennummer. Direktor
André Kaiser präsentiert zunächst zwei Zebras, dann jeweils zwei
mit Decken geschmückte Dromedare und Trampeltiere in einer
gemeinsamen Freiheitsdressur, unter anderem mit dem Gegenlauf.
Drei unterschiedliche, exotische Rinder mit großen Hörnern
steigen im dritten Teil der Nummer auf Postamente. Quasi das Da
Capo bildet der Auftritt des Kängurus, das von Direktionsspross
Alessio – dem Namensgeber des Circus – vorgestellt wird. Es ist
ein Hochgenuss, wieder einmal eine große Exotennummer erleben zu
dürfen, derart tierreicher Circus ist leider längst rar
geworden.
Aty und Paty, Beatrice und
Tina Quaiser
Teil zwei eröffnen Clown Aty und
Partnerin Paty – wir lernten sie bereits als Luftakrobatin
Patricia kennen – mit ihrer humorvoll gestalteten
Quickchange-Nummer. Beide wechseln dabei mehrfach in
Sekundenschnelle die Outfits. Ebenso temporeich geht es weiter,
wenn Beatrice Quaiser uns drei größere Hunde und einen kleineren
präsentiert. Seilspringen, Reifenspringen, Hürdenspringen, aber
auch Kinderwagenschieben und eine Polonaise gehören zum
Repertoire. Ihren Solo-Auftritt mitreißend gestaltet hat
Beatrice Quaisers Tochter Tina. Im Theaternebel und zu
Discomusik lässt sie fünf Hula-Hoop-Reifen um Arme, Rumpf und
Beine kreisen. Kostüm und Requisiten fluoreszieren dabei im
abgedunkelten Zelt. Am Ende bringt Tina Quaiser ein ganzes
Bündel Hula Hoops zum Rotieren. Wieder nicht so ganz nach Plan
verläuft es für Clown Aty, als sich bei seiner Tuchzauberei der
Stoff in einen Büstenhalter verwandelt.
Duo Sky, Patricia, Aty
Nach der Perchenummer zu Beginn
unterhält uns das Duo Sky mit einer weiteren Facette seines
Könnens, nun mit einer Rollschuhnummer. Genretypisch rotiert der
Partner auf einer kleinen, runden Plattform um sich selbst und
hält die Partnerin dabei in allerlei schwierigen Positionen.
Selbstredend bildet der Genickhangwirbel den Abschluss. Die
ganze Show hindurch ist es einfach wohltuend, Clown Aty beim
Kampf gegen diverse Widrigkeiten zu erleben, ohne dass – von dem
erwähnten Kind abgesehen – ständig Mitspieler aus dem Publikum
benötigt werden. In seiner nächsten Szene will er zunächst einen
kleinen Plüsch-Eisbären dressieren, ehe er von einem
„Artgenossen“ in XXL-Größe heimgesucht wird. Dieser tanzt den
Gangnam-Style. Begleitet von Möwenkreischen und Meeresrauschen
erscheint nun eine echte Meerjungfrau auf einem Muschel-Thron in
der Manege. Am Netz schwebt sie Richtung Zeltkuppel und legt bei
einem kurzen Blackout die Schwanzflosse ab. Nun kann Patricia
für ihre Netzakrobatik alle Möglichkeiten der Disziplin nutzen,
von einem harmonischen-ruhigen Part mit Posen bis zu einem
dynamischen Teil mit raumgreifenden Flügen, Abfaller und Wirbel
im Flitterregen. Im Finale schließt sich der Kreis. Aty schminkt
sich wieder ab, verwandelt sich zurück vom Clown in den
Requisiteur. Doch nun nimmt ihn Tina Quaiser in die
Artistenfamilie mit auf, Aty darf Spaßmacher bleiben und muss
künftig nie wieder kehren. |